Nicht nur der Cambarellus diminutus, auch andere Vertreter seiner Gattung neigen dazu, bei Unbehagen, aus Neugier oder im Wunsch des Eroberns anderer Gewässer das Aquarium zu verlasssen. Zwar können Zwergflusskrebse Minuten ohne Wasserzufuhr und damit für sie atemnbare Luft auskommen. Ab dem Moment, ab dem ein Krebs das ihm vertraute Becken verlässt, begibt er sich grundsätzlich in Lebensgefahr.
Jeder Aquarianer versucht sicher sein Bestes, das eigene (Pool)Aquarium krebssicher zu gestalten. Abdeckungen sollen verhindern, dass auch nur ein Exemplar dem feuchten Nasserfolgreich entfliehen kann. Pflanzen reichen nicht bis über die Wasseroberfläche. Aquarienabdeckungen werden durch weitere Materialien bei Bedarf ergänzt, sodass sich ein entflohener Krebs nicht im Bereich der warmen LEDs verirren und dort sprichtwörtlich verdörren kann. Schächte und Auslässe der Abdeckung, durch die Schläuche, Kabel etc. heraus- und hineinführen, sind gegen Durchdringen gesichert.
Alle diese Vorkehrungsmaßnahmen, die für ein Krebsbecken selbstverständlich sein sollten, werden vermutlich eines Tages unterlaufen werden. Sei es aufgrund von Nachlässigkeit im alltäglichen beruflichen wie privaten Stress oder die Folge der Geschicklichkeit eines äußerst pfiffigen Kerlchens.
Warten in der freien Natur etwaige Räuber auf einen solchen Leckerbissen, stellen im heimischen Aquarienzimmer vor allem Umstände wie die fehlende Möglichkeit, in das Becken zurück zu kehren oder kein neues Gewässer zu finden die eigentliche Bedrohung dar. Der Krebs selbst folgt seinen Instinkten. Er weiß nicht, dass das nächste Becken, dass ihm sein teures Leben retten könnte, für ihn nicht erreichbar ist. Den eigenen Trieben nachgehend ist ein entflohener Zwergflusskrebs daher per se dem Tode nahe.
Am Ende steht leider nahezu jeder Halter von Zwergflusskrebsen vor derselben Herausforderung. Einer der eigenen Schützlinge ist entflohen und wurde im Glücksfall noch rechtzeitig gefunden, um den Weg zurück ins Aquarium nehmen zu können. Wie das ganze von statten gehen kann, sollen die folgenden Zeilen verdeutlichen.
Auf der Suche nach dem neuen Zuhause kann ein entflohener Krebs neben, unter, vor und hinter dem Aquarium umher wandern. Bei Kontakt mit Luft beginnen die Kiemen des Tieres auszutrocknen. Das Tier verliert Minute um Minute mehr die Möglichkeit, über die Kiemen notwendigen Sauerstoff aufzunehmen.
Hat man das große Glück, den Ausbruchskünstler lebend anzutreffen, darf das stark geschwächte Tier auf keinen Fall sofort wieder ins Aquarium gesetzt werden. Sind nämlich die Kiemen fast vollständig ausgetrocknet, würde der Krebs nach Kontakt mit dem Wasser ertrinken. Ziel nach dem Auffinden ist es, die Kiemen des Tieres schrittweise zu revitalisieren. Um ihre Funktionalität wiederherzustellen, muss der Krebs erneut eingewöhnt werden, sodass die kiemenseitige Atmung wieder aufngenommen werden kann.
Ein Rettungsversuch lohnt in jedem Fall. Hierzu nimmt man eine zuvor keinesfalls mit typischen Reinigungsmitteln in Kontakt gekommene Wanne oder einen Eimer zur Hand. Dieses Behältnis füllt man mit etwas Wasser. Eine Wurzel, ein Stein oder ähnliches wird im Wasser positioniert und zwar so, dass die Oberseite trocken bleibt. Hier wird der Krebs abgesetzt. Er hat nun die Möglichkeit, durch schrittweisen Kontakt mit dem den Stein oder die Wurzel umgebenden Wasser die eigenen Kiemen wieder auf das Atmen vorzubereiten.
Einzige Bedingung: Es muss dem Tier möglich sein, über eine Schräge Richtung Wasser kriechen zu können und bei Bedarf auch wieder zurück. Er benötigt folglich eine eine Möglichkeit, von seinem erhabenen Standort aus (trockener Bereich) in flaches, hiernach wenig später in tieferes, seinen Körper bedeckendes Wasser zu wandern. Nur so können sich die Kiemen wieder derart anfeuchten, dass der Krebs den Vorgang überlebt. Um ihm zu helfen, kann man das Behältnis zusätzlich etwas abdecken. Das Tier darf während der nächsten Minuten gerne beobachtet, sollte aber keinesfalls weiter gestört werden.
Während des gesamten Vorgangs sollte dem Krebs kein Futter angeboten werden.
Bewusstlose Tiere können auf ihrem Rücken positioniert werden, nachdem man den Körper und Kopf einmalig ganz kurz und vor allem vorsichtig mit etwas Wasser benetzte. Der Zwergflusskrebs wird aus eigener Kraft versuchen, Kontakt mit dem wasserführenden Teil herzustellen. Dazu wandert er erst ins flache, dann ins tiefere Wasser.
Gelangt das Tier eigenständig in tieferes Wasser, kann weiteres achtsam in das Behältnis hinzu gegeben werden, um die Rehabilitierung zu unterstützen. Erst nach einigen Stunden sollte der Ausbruchskünstler wieder in sein Becken zurückkehren dürfen. Er braucht einfach Zeit, um sich zu erholen. Schließlich ist der Krebs nach der Tortur noch erheblich geschwächt. Den idealen Zeitpunkt des Zurücksetzens erkennt man seinem Verhalten. Ist er wieder aktiv, mobil und agil und zeigt sein übliches Verhalten, ist das Tier bereit.